Themenreihe – Kurzgeschichten

Viele Schreibende beginnen das Schreiben mit Kurzgeschichten oder probieren gerne mal was Neues aus (Genre, Thema, Stil, etc.) – der zeitliche Aufwand und der Umfang sind überschaubarer als bei einem Roman und es gibt viele Möglichkeiten, bei Ausschreibungen mitzumachen und in einer Anthologie veröffentlicht zu werden.

Merkmale von Kurzgeschichten

Konkrete Merkmale von Kurzgeschichten zu definieren, ist erstmal gar nicht so einfach, da die Übergänge zu längeren Texten fließend sind.

Es gibt jedoch zwei Merkmale, die viele Kurz- und Kürzestgeschichten gemeinsam haben: Textlänge und Botschaft.

Das zentrale Merkmal von Kurzgeschichten ist die Länge bzw. die Kürze eines Textes. Eine Kurzgeschichte umfasst etwa 2-20 Seiten, soll also in einem Stück gelesen werden können. Das ist jedoch nicht in Stein gemeißelt, sondern ein Richtwert. Es gibt auch längere Kurzgeschichten (die dann in einer bestimmten Weise erzählt werden) und kürzere Formen, die nur aus wenigen Zeilen bestehen (z.B. Drabbles bestehen aus exakt 100 Wörtern).

Und auch, wenn sich kürzer auf den ersten Blick einfacher anhört, darf man sich nicht täuschen lassen, denn genau dieser Punkt bringt einige Tücken und Herausforderungen mit sich. Tatsächlich kann man sagen, je kürzer die Geschichte, desto schwieriger wird es, denn jedes Wort muss sitzen – dramatisch formuliert 🙂 – da ist wenig Spielraum vorhanden.

Ein zweites, weit verbreitetes Element von Kurzgeschichten ist, dass die Aussage einer Geschichte nicht sofort erkennbar ist, und es erfordert das Verknüpfen von Handlungen und das Lesen zwischen den Zeilen, um die Aussage vollumfänglich zu begreifen.

Handlung einer Kurzgeschichte

Je kürzer die Geschichte, desto spannender wird das Thema Handlung. Längere Handlungen bieten die Möglichkeit, eine Geschichte langsam aufzubauen und Lesende erstmal ankommen zu lassen in der eigenen Welt. Kurzgeschichten bieten nicht den Platz und den Raum dafür, daher wird oft direkt in die Handlung eingestiegen.

Es ist in wenigen Seiten nicht möglich, mehrere Handlungsstränge aufzubauen, diese ineinander zu verstricken und sie am Ende wieder aufzulösen. Daher steht bei der Kurzgeschichte eine einzige, zentrale Handlung im Vordergrund und je nach Kürze wird auch diese nicht von allen Seiten ausgiebig beleuchtet, sondern man beschränkt sich auf jene Aspekte, Momente, Begebenheiten, die für die Geschichten wirklich relevant sind.

Ein Handlungsablauf findet, wenn die Länge überhaupt einen Ablauf ermöglicht, in kleinem Rahmen statt und bezieht sich auf eine bestimmte Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Geschichte entwickelt sich oft nicht mit dem klassischen Ablauf von Anfang, Mitte, Ende, sie läuft quasi schon und Lesende steigen irgendwann ein, begleiten die Handlung ein kurzes Stück und steigen dann wieder auf, oft ohne abgeschlossener Handlung

Zeit und Ort einer Kurzgeschichte

Je kürzer die Geschichte, desto klarer müssen Ort und Zeit definiert und begrenzt sein. Rückblenden oder Ortswechsel brauchen Platz und sollten daher wohlüberlegt eingesetzt werden.

Ort und Zeit werden in Kurzgeschichten oft nur in wenigen Wörtern skizziert. Umso wichtiger ist es, dass Schreibende Ort & Zeit genau vor Augen haben und berücksichtigen, ob der gewählte Ort und die gewählte Zeit für die gesamte Geschichte passt.

Ort und Zeit hängen immer zusammen. Wird ein Ort festgelegt, so sollten sich der Schreibende auch Gedanken um die Zeit machen, denn Orte werden von der Zeit beeinflusst. Ist ein Park bei Tageslicht ein fröhlicher Ort für Ausflüge sein, wird er bei Nacht Schauplatz für illegale Aktivitäten von dunklen Gestalten.

Die Stimmung hängt ganz nah mit dem gewählten Ort und der gewählten Zeit zusammen, wird von beidem beeinflusst und ihr Stellenwert steigt, je kürzer eine Geschichte ist. Eine Kurzgeschichte gibt oft nicht den Raum für ausführliche Beschreibungen, doch die Stimmung kann auch in wenigen Sätzen transportiert werden und Lesende erkennen schnell, worum es in der Geschichte geht. Bsp.: Nachts ist die Stimmung eine andere als bei Tageslicht.

Um Stimmung zu erzeugen, können alle Sinne (soweit passend) mit einbezogen werden, so kann die Stimmung schnell transportiert werden.
Bsp.: Der Geruch von frisch gebackenem Brot ist eindringlicher als die Beschreibung einer Bäckerei. Auch Figuren beeinflussen die Stimmung – ein lachendes Kind auf einer Blumenwiese bei Sonnenschein gibt der Geschichte eine andere Stimmung als ein düsterer Dämon, der in der Dunkelheit hinter einer Hauswand lauert.

Figuren in Kurzgeschichten

Figuren können als Menschen, Tiere, unbelebte Dinge oder der Fantasie entsprungene Wesen auftreten, die sich wie Menschen verhalten, also zu Handlungen fähig sind und damit die Geschichte beeinflussen.

In Kurzgeschichten gilt wieder, je kürzer die Geschichte, desto überschaubarer müssen Figuren gestaltet werden.
Die Anzahl der Figuren und ihre Tiefe muss (je nach Kürze der Geschichte) überschaubar bleiben. Oft reicht schon eine Hauptfigur, die einen zentralen Charakterzug aufweist und aus einem Motiv heraus handelt.

Figuren haben in kurzen Geschichten eine andere Aufgabe als in längeren, denn je nach Länge zeigen Kurzgeschichten sehr oft nur Momentaufnahmen und geben daher den Figuren nicht den Raum, sich zu entwickeln oder entfalten zu können.

Dem Lesenden fällt in Kurzgeschichten eine große Eigenverantwortung zu, denn dieser muss anhand weniger Zeilen allgemeine Rückschlüsse auf den Charakter der Figur ziehen können.

Für Schreibende gilt: Einige wichtige Details machen eine Figur für Lesende greifbar, doch diese müssen wohl gewählt sein und der Geschichte bzw. der Botschaft der Geschichte dienen. Figuren werden über die Handlungen, Gedanken, Gefühle charakterisiert – zeigen, nicht erklären.

Thema und Ausgangssituation

Das Thema hält eine Geschichte zusammen – es gibt ihr einen Sinn und ein Ziel.
Es ist hilfreich, wenn das Thema gleich zu Beginn festgelegt wird, damit sich dieser innere Zusammenhang durch die gesamte Geschichte ziehen kann.
Doch nicht immer ist das notwendig oder möglich: Manchmal entdecken Autor*innen die Geschichten beim Schreiben, erkennen das Thema also erst nach und nach und können diesem Thema dann bei der Überarbeitung den nötigen Raum geben.

Wichtig ist dabei, ein Thema zu wählen oder zu finden, wofür man als Schreibende*r brennt – je länger eine Geschichte wird, desto wichtiger wird dieser Punkt.

Kurzgeschichten kommen meist mit einem zentralen Thema aus.

Die Ausgangssituation setzt das Geschehen in Gang und legt damit auch die Stimmung der Geschichte fest (gilt vor allem für Kurzgeschichten).
Lesende sollen sofort erkennen können, ob es sich um eine heitere oder düstere, nachdenkliche oder traurige Geschichte handelt (z.B. durch eine langsame Einstimmung in die Geschichte oder einen stürmischen Anfang).